Beckenweg, Papageienhäuser & Co.: Quartierkultur am Stammtisch Lysbüchel

Es ist eine Menge los im nördlichen Sankt Johann. Kaum ein Stein bleibt auf dem anderen. Auf unserem Areal Lysbüchel Süd wird Parzelle um Parzelle überbaut – von Genossenschaften und uns. Das ehemalige Coop-Weinlager wird zu einem Wohnhaus umgebaut, ein Altbau wird weiter genutzt, und auf 13 Parzellen entstanden oder entstehen neue Häuser. So verschieden die neuen Bauherren des ehemaligen Gewerbe- und Lagerareals, so vielfältig sind auch Architektur, Wohnkonzepte und Mieterschaft.

 

Wo das Quartier einst ausfranste, wächst es heute über sich hinaus. Und schafft neue Wohn- und Lebensformen. Am Stammtisch Lysbüchel schliesst sich der Kreis. Hier treffen sich in geselliger Runde Bewohnerinnen und Bewohner von Lysbüchel Süd zu Information und Diskussion. Was in der Planungs- und Bauphase ein selbstorganisiertes Forum der verschiedenen Bauherrschaften war, ist nun zu einem Gefäss für regelmässigen Austausch geworden – für am Zusammenleben interessierte Genossenschaftsmitglieder und Mietende.

Begegnungen der anderen Art

Kurz vor 19 Uhr tröpfeln sie ein, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Stammtischrunde. Sie kommen aus allen Ecken des Areals – von der Lothringer-, Elsässer- und Beckenstrasse, vom «Stadtkind» und «Methusalix», von der «Sophie Stinde» und dem «Deux Chevaux». Aus gegebenem Anlass findet das Treffen im Januar im Erdgeschoss des Gebäudes «TinyElf» statt. Dieses 2022 fertiggestellte Wohnhaus gehört der Bau- und Verwaltungsgenossenschaft WOHNSTADT, die hier am Beckenweg 11 auch ein Baubüro für eine andere, ungleich ältere Quartiersiedlung eingerichtet hat – die benachbarten, stadtbekannten «Papageienhäuser». Weil die sanfte, aber umfassende Sanierung dieser buntfarbigen, multikulturellen Mietwohnungen aus der Nachkriegszeit kurz bevorsteht, bilden die beiden direkt an Lysbüchel Süd angrenzenden Wohnhäuser der WOHNSTADT den thematischen Mittelpunkt des aktuellen Stammtisches.

 


Dabeisein heisst mitbestimmen

Schnell wird klar, dass das faszinierende Renovationsprojekt bei den Nachbarn von Lysbüchel Süd auf grosses Interesse stösst. Der lange Tisch ist voll besetzt, Getränke und ein kleiner Apéro sorgen für leibliches Wohl und angeregte Stimmung. Urs Buomberger von der Stiftung Habitat ist die Freude über den regen Aufmarsch ins Gesicht geschrieben. Er moderiert den Stammtisch seit Beginn mit Umsicht und Engagement, mit Charme und Schalk. Und ist sich nicht zu schade, eigenhändig für Speis und Trank zu sorgen.

Lebensqualität für alle

Bevor das farbenfrohe Nachbarprojekt der WOHNSTADT am Stammtisch präsentiert wird, geht es erst einmal um Eingemachtes, sprich, um «Lysbüchel Süd-Innenpolitik». Zuerst werden die Abschlussarbeiten für den Beckenweg vorgestellt. Die zukünftige Begegnungszone mitten im Stadtteil Lysbüchel Süd hat eher den Charakter eines Platzes als einer Strasse und lädt mit einer Baumreihe, Sitzbänken und einer Boule-Bahn zum Verweilen ein. Nächstes Traktandum ist das kommende Arealfest, das natürlich auf dem Beckenweg stattfinden soll. Helferinnen und Helfer werden gesucht, kreative Ideen für Aktivitäten und Animationen sind gefragt. Die zahlreichen Wortmeldungen, die Ideen, Vorschläge und kritischen Anmerkungen der Stammtischgäste zeigen deutlich: Die Quartier-Demokratie lebt, sie wächst und gedeiht. Die Zukunft des Areals verspricht Lebensqualität für alle.

Papageien bleiben jung und bunt

Das verbindliche, gemeinschaftliche Zusammenleben der verschiedenen Nachbarschaften soll auch die Mieterinnen und Mieter der Papageienhäuser einbeziehen. Auch wenn diese – streng genommen – nicht Teil von Lysbüchel Süd sind. Ihre Geschichte indes ist lang und reichhaltig. Dass die 50 Wohnungen noch immer voller Leben stecken und dieses auch in Zukunft pulsiert, ist mehr als bemerkenswert. Zu verdanken ist das Fortbestehen der 50 einfachen und sparsamen kommunalen 2-, 3- und 4-Zimmerwohnungen nicht zuletzt dem Kanton Basel-Stadt, der beschloss, die Häuser für eine nächste Generation zu erhalten und die im Baurecht der Einwohnergemeinde Basel an einen gemeinnützigen Wohnbauträger abzugeben. Den Zuschlag erhielt die Bau- und Verwaltungsgenossenschaft WOHNSTADT mit dem Versprechen, die Gebäude im bewohnten Zustand zeitnah zu sanieren


Vorfreude herrscht, trotz Immissionen

Thomas Kühne, Projektleiter und Energieexperte der WOHNSTADT, stellt das subtile Renovationsprojekt am Stammtisch Lysbüchel Süd im Detail vor. Und erzählt, dass die Bewohnenden die ein gutes Jahr dauernde, gestaffelte Renovation nicht nur hinnehmen, sondern sich auf ihre «neuen» Wohnungen und Häuser freuen. Trotz Fassadengerüst und Fassadendämmung, Dachsanierung mit Einbau einer Photovoltaik-Anlage, Umgebungsarbeiten, Garagen-Umbauten und temporären Einschränkungen der Wohnqualität sind alle froh, «dass nun etwas geht, dass endlich Hand angelegt wird».

Günstiger Wohnraum bleibt bestehen

Das Resultat wird sich sehen lassen können. Neue Küchenmöbel, neue Wohnungs- und Haustüren, eine Auffrischung der Bäder sowie die Erneuerung von Heizung und Elektrisch sind vorgesehen. Schon Ende 2023 sollen Schmutz, Lärm und Umtriebe ein Ende haben. Auch die «Papageien» selbst erstrahlen dann im neuen Kleid. Fröhlich und freundlich werden die renovierten Fassaden bemalt. Der Baumbestand wird erhalten und aufgewertet. Und zu guter Letzt wird der Hof gegen den Beckenweg hin geöffnet – so erhält der Kindergarten an der Elsässerstrasse auch einen Zugang vom ruhigen Beckenweg her.

 

«Wie wirken sich die Renovationskosten von 5 Mio. Franken auf die Mieten aus?», will die Stammtischrunde wissen. Auch hier hat Thomas Kühne gute Nachrichten. «Zwar dürfte sich der Mietzins in den Papageienhäusern um 80 bis 100 Franken erhöhen, aber dank der Sanierung wird weniger Heizenergie gebraucht.» Mit anderen Worten: Die Sanierung schafft eine Win-win-Situation für alle ­Beteiligten. Und sie sendet, zusammen mit den bezahlbaren Wohnungen der Stiftung Habitat und den in Kostenmiete vergebenen Wohnungen der Genossenschaften auf Lysbüchel Süd ein klares Signal gegen die Gentrifizierung oder «Yuppisierung» des Quartiers.

 

Wohnstadt Bau- und Verwaltungsgenossenschaft

 

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